Friedrich Christoph Perthes
Friedrich Christoph Perthes
Nicht nur der Mond wurde in Hamburg erfunden (von Mathias Claudius), sondern auch der Sortimentsbuchhandel (von Claudius’ Schwiegersohn Friedrich Christoph Perthes). Der gebürtige Rudolstädter Friedrich Christoph Perthes (1772 - 1843) erwirbt 1798 das Bürgerrecht in Hamburg, wo er 1796 eine neuartige Buchhandlung eröffnet, der sofort viele Kunden zuströmen – 1814 gilt sie als größte in Deutschland. Dieser Neubürger ist ein Glückfall für Hamburgs geistiges Leben. Belesen und kontaktfreudig, die Denkströmungen seiner Zeit durch vielfältige Verbindungen aufnehmend, ist Perthes der umtriebige, kommunikationsgeschickte Buchhändler schlechthin.
Niemand besitze wie er so viel Kenntnis von der Nützlichkeit der verschiedensten Werke der Literatur aller Völker, niemand wisse sie so gut zu finden und anzuschaffen, schreibt Inge Grolle in ihrer Perthes-Biographie in der Reihe Hamburger Köpfe. Perthes Neugier und Regsamkeit werden weithin gerühmt, und so zeichnet seine Biographin die Verbindungen des gelehrten Buchhändlers nach Dänemark, Schweden und St. Petersburg nach, berichtet von seinen zahlreichen Briefwechseln und persönlichen Bekanntschaften. „Als Verbreiter von Gedankengut fühlt er sich im Besitz einer Macht, auf welche die Intellektuellen angewiesen waren. Selbst nicht Gelehrter, sah Perthes in seiner Stellung als Verbreiter wissenschaftlicher Schriften die Möglichkeit, Gelehrten eine Freistätte zu bieten.“
So knüpft Perthes nicht allein Bücher-Bande, er engagiert sich auch politisch – gegen die Franzosenherrschaft und ihre unerträglichen Zensurbestimmungen, und zugunsten der Bürgerwehr und der Armenhilfe in Hamburg. In einer Zeit territorialer Zerrissenheit fasst er sein Gewerbe als „Transportmittel nationalen Geistes“ auf, sieht Bücher als „Bindungs-Mittel der Deutschen“ an. Nach jahrzehntelanger erfolgreicher Arbeit in Hamburg geht Perthes 1822 nach Gotha, wo er den Gothaer Verlag gründet, wenig später begründet er den Börsenverein der Deutschen Buchhändler mit, ruft dann 1834 das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels ins Leben.
Inge Grolles Perthes-Biographie ist Lebensbeschreibung und Zeitpanorama in einem: Perthes wird als „Anwalt des deutschen Buchhandels“, als außergewöhnlicher Buchhändler sichtbar, der für die Entwicklung der Lesekultur Unschätzbares getan hat.
Inge Grolle, Hamburger Köpfe Friedrich Christoph Perthes, herausgegeben von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2004, 152 Seiten, 44 Abbildungen, 14,90 Euro, ISBN 978-3-8319-0183-8.