Johan Melchior Goeze

Johan Melchior Goeze


Er gilt als Lessings Antipode: Johan Melchior Goeze (1717 – 1786), Theologe und langjähriger Hauptpastor an St. Katharinen in Hamburg. In der Hansestadt, damals eines der Zentren der deutschen Aufklärung, sah sich der in Halberstadt geborene wortmächtige Theologe immer wieder herausgefordert, vor Verweltlichungstendenzen der Religion zu warnen und eine rigorose Glaubensauffassung zu vertreten.

Seit 1760 war Goeze Senior der hamburgischen Kirche, also ihr wichtigster Wortführer und Repräsentant. Doch wurde er zunehmend als inquisitorisch empfunden, richteten sich seine Schriften und Predigten doch gegen die eigenen Glaubensbrüder, denen er sich zunehmend entfremdete. In einer Zeit, in der Streitfragen von der Kanzel aus öffentlich ausgefochten wurden, galt Goeze als unerbittlicher entschiedener Orthodoxer. Als die Kirchen als Bezugsstätten des Lebens an Bedeutung verloren und Kaffeehausgeselligkeit, Theater und Pressezirkel die Menschen anzuziehen und zu unterhalten begannen, reagierte der streitbare Wächter über den rechten Glauben panisch-polemisch: Er wurde „zum rücksichtslosen Kämpfer gegen die Ausweitung der Toleranz.“    

Der Autor und bekannte Verlagslektor Ernst-Peter Wieckenberg erfasst den Charakter und das Wirken Goezes in seinem Hamburger Köpfe-Band und stellt ihn abseits des Klischees vom unerbittlichen Streiter und Zänker vor. Der aufkommenden Moderne, dem Nachlassen der Kirchlichkeit habe sich Goeze mit theologischer Kritik entgegengestemmt. In diesem Aufbegehren gegen eine sich verändernde Zeit, dieser „Modernisierungsverweigerung“ liege seine Tragik, sie habe ihn verhärtet und zu einem „Orthodoxismus“ geführt, den Gotthold Ephraim Lessing zu Recht so heftig kritisierte.

Ernst-Peter Wieckenberg, Hamburger Kopf Johan Melchior Goeze, herausgegeben von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Ellert & Richter Verlag Hamburg, 2007, ISBN 978-3-8319-0294-1, € 19,95