Lee Miller: Fire masks, London, 1941 © Lee Miller Archives, East Sussex, England. www.leemiller.co.uk

Lee Miller – Fotografin zwischen Krieg und Glamour

Eine Ausstellung und ein umfangreiches Begleitprogramm im Bucerius Kunst Forum beleuchten das Werk von Lee Miller in vielseitigen Facetten.

Elizabeth „Lee“ Miller (1907-1977) zählt zu den vielseitigsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. In ihren Arbeiten vereint sie gegensätzliche Genres wie den Surrealismus, Mode-, Porträt- und Reisefotografie sowie Kriegsberichterstattung. Am 10.06.2023 startet im Bucerius Kunst Forum eine Ausstellung, die das fotografische Werk Lee Millers anhand von 150 Aufnahmen aus der Zeit von 1928 bis 1951 präsentiert. Das Begleitprogramm beleuchtet die vielschichtigen, teils gegensätzlichen Aspekte in ihrem Werk und Leben.

Vom Fotomodell zur Kriegsreporterin: Ein bewegtes Leben

Inhaltlich wie geographisch brach Miller immer wieder zu neuen Ufern auf. Zunächst als Fotomodell beschäftigt, wechselte sie in den 1930er Jahren hinter die Kamera. Als Muse beeinflusste sie den Surrealisten Man Ray – und verließ ihn zugunsten ihrer eigenen Karriere.

1934 heiratete Miller den ägyptischen Geschäftsmann Aziz Eloui Bey und zog mit ihm nach Kairo. Ihr eigener, im Surrealismus wurzelnder Blick für eine mehrdeutige Wirklichkeit findet sich in ihren Landschaftsbildern wieder. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, lebte Miller in London und arbeitete dort ab 1940 für die US-amerikanische Vogue. Die in dieser Zeit entstandenen Aufnahmen sind häufig kunstvoll inszeniert und deutlich vom Surrealismus geprägt.

BKF_Presse_Lee_Miller_Floating_head_1933.jpg (831 KB)Lee Miller, Floating head, Mary Taylor, New York, 1933 © Lee Miller Archives, East Sussex, England. www.leemiller.co.uk

BKF_Presse_Lee_Miller_Portrait_of_space_1937.jpg (5.06 MB)Bild: Lee Miller, Portrait of space, Ägypten, 1937 © Lee Miller Archives, East Sussex, England. www.leemiller.co.uk

1942 akkreditierte sie sich als eine von wenigen Amerikanerinnen bei der US Army als Kriegsreporterin und berichtete ab 1944 von vorderster Front: Sie fotografierte die Eroberung der Normandie durch die Alliierten und bewegte sich mit den vorstoßenden US-amerikanischen Truppen durch Europa. Unvergessen sind ihre Aufnahmen der befreiten Konzentrationslager, mit denen sie den Horror und Wahnsinn des Krieges eindrücklich dokumentierte. Nach Kriegsende kehrte Miller – traumatisiert von ihren Erlebnissen – nach England zurück und legte ihre Arbeit als professionelle Fotografin nieder.

Kunst im Kontext: Unterschiedliche Perspektiven auf Lee Miller

Passend zu dieser vielschichtigen Künstlerin führt das Bucerius Kunst Forum eine neue Führungsreihe ein: Bei „Kunst im Kontext“ erläutern jeweils zwei Expert:innen ihren Blick auf die Werke und das Leben Lee Millers. Moderiert werden die Tandems durch Kathrin Baumstark, Kuratorin der Ausstellung und Direktorin des Bucerius Kunst Forums.

Unter dem Titel Fotografien zwischen Krieg und Mode diskutieren am 15.6. Elisabeth Bronfen und Barbara Vinken aus kunsthistorischer und modetheoretischer Perspektive das facettenreiche Werk von Lee Miller. Am 12.7. werfen Christiane Heß, Mitarbeiterin der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte, und Tamara Loewenstein, Kuratorin und Kulturpädagogin, einen kritischen Blick auf die eindringliche Kriegsberichterstattung und sprechen über die Bedeutung der Erinnerungskultur im Bild. Im Ausstellungsrundgang Grenzen des Erträglichen wird am 18.9. aus künstlerischer und psychotherapeutischer Sicht über Lee Miller und ihre Arbeit gesprochen.

BKF_Presse_Lee_Miller__David_E._Scherman__dressed_for_war__1942.jpg (2.75 MB)Bild: Lee Miller, David E. Scherman, dressed for war, London, 1942 © Lee Miller Archives, East Sussex, England. www.leemiller.co.uk

BKF_Presse_Lee_Miller_Remington_Silent_1940.jpg (3.74 MB)Bild: Lee Miller, Remington Silent, London, 1940 © Lee Miller Archives, East Sussex, England. www.leemiller.co.uk

Kriegsreportagen und Chansons: Musikalisch-literarische Annäherung

Drei literarische Veranstaltungen befassen sich ebenfalls mit unterschiedlichen Aspekten im Leben von Lee Miller. Beim literarischen Abend Deutschland, Stunde Null der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius (5.7.) nimmt Hanjo Kesting Millers Kriegsreportagen zum Anlass, Texte anderer renommierter Reporter:innen und Schriftsteller:innen vorzustellen. Martha Gellhorn, Klaus Mann, Alfred Döblin – sie alle haben Deutschland in der „Stunde Null“ beschrieben, die Lee Miller mit ihren Bildern zeigt: die Trümmerlandschaft, die Not der Menschen, die Konfrontation mit den nationalsozialistischen Verbrechen.

Am 5.9. begleitet ein musikalisch-literarischer Abend Lee Miller durch ihre verschiedenen Welten. Die Schauspielerin Anika Mauer liest aus Briefen und Reportagen Millers sowie aus Schriften aus ihrem Familien- und Freundeskreis. Eine Band taucht mit Chansons und Jazz in die Zeiten und Stimmungsbilder der Künstlerin ein. In der Reihe Literatur zur Lage der ZEIT-Stiftung geht es am 7.9. mit der Autorin Teresa Präauer um Geschichten von Glanz und Glamour und wie diese über die Jahrhunderte in Worte gefasst wurden.

Wissenschaftlich oder achtsam: Vielseitige Führungen

Am 21.6. und 30.8. besteht die Chance, Kunst und Yoga miteinander zu verbinden. Bei der Achtsamkeitsführung am 3.9. können Besucher:innen sich mit Hilfe von Achtsamkeitsübungen ganz auf die Kunstwerke einlassen. L’Aperitivo ist ein kreativer Italienisch-Kurs, bei dem an fünf aufeinanderfolgenden Donnerstagabenden rund um die Fotografien der Ausstellung Italienisch gelernt und gesprochen wird.

BKF_Presse_Lee_Miller_WRNS_probationer_cleaning_windows_of_traning_depot_1944.jpg (3.80 MB)Lee Miller, WRNS probationer cleaning windows of training depot, England, 1944 © Lee Miller Archives, East Sussex, England. www.leemiller.co.uk

Mit Kind und Kegel: Angebote für Familien

Um einen entspannten Ausstellungsbesuch mit Babys zu ermöglichen, öffnet die Schau ab dem 15.6. jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat exklusiv für junge Eltern und ihren Nachwuchs. Die Führungen unter dem Titel Mit Kunst und Kegel finden jeweils von 10 bis 11 Uhr statt.

Für Familien gibt es jeden ersten Sonntag im Monat die Führung Kunstspione von 15 bis 16 Uhr. Kinder, Eltern, Großeltern und Freund:innen werden auf eine spielerische Entdeckungstour durch die Ausstellung mitgenommen. Parallel dazu lädt das Offene Atelier Jung und Alt ein, gemeinsam kreativ zu sein. Zwischen 14 und 17 Uhr steht es allen Interessierten frei, spontan und kostenlos eigene künstlerische Ideen auszuprobieren sowie unter Anleitung neue Sichtweisen auf die Kunst zu gewinnen. Am 17.9. bauen die Teilnehmenden des Atelierkurses Camera Obscura schließlich eine eigene Lochkamera – nachdem sie bei einem Ausstellungsrundgang die Fotografien von Lee Miller erkundet haben.

Die Ausstellung „Lee Miller. Fotografin zwischen Krieg und Glamour“ läuft vom 10.06. bis zum 24.09.2023. Alle Veranstaltungen und Führungen finden Sie auf der Website des Bucerius Kunst Forums. Tickets sind im Online-Shop oder direkt an der Kasse erhältlich.