Sie stehen bis in den Lichthof. Dass das Bucerius Kunst Forum seinem Namenszusatz „Forum“ treu bleibt, wird am 8. Juni bei der Ausstellungseröffnung von „Lee Miller – Fotografin zwischen Krieg und Glamour“ deutlich: An diesem Abend sind besonders viele Besucher:innen für die Eröffnung zusammengekommen. Als die Redner:innen an das Pult mit Blick auf den Hamburger Rathausmarkt treten, reihen sich die Gäste bis in das Atrium des Ausstellungshauses. Ein Forum für offenen Austausch und Diskurs, das soll das Bucerius in Zukunft eben noch mehr sein, und gesellschaftspolitische Fragen und Themen weiter ins Zentrum der Ausstellungen und Veranstaltungen stellen. „Kunst und kontroverse Diskussionspunkte müssen zusammengehen“, sagt dazu Manuel J. Hartung, Vorstandsvorsitzender der ZEIT-Stiftung, in seiner Eröffnungsrede.
Kultur bietet Raum für Diskussion – und Museen Raum für Demokratie
Diesen Grundsatz hebt auch Claudia Roth hervor, Staatsministerin für Kultur und Medien (Grüne), die an jenem Abend in Hamburg einen exklusiven Stopp einlegt, um dem Bucerius zu gratulieren. Denn: Das Ausstellungshaus, 2002 von der ZEIT-Stiftung gegründet, feiert an diesem Abend auch sein 20-jähriges Bestehen und damit den 21. Geburtstag. „Ausstellungsräume wie das Bucerius Kunst Forum haben Einfluss, schaffen Räume und setzen Impulse“, gratuliert Roth, und führt aus: „Kultureinrichtungen sind gesellschaftliche Akteure und Akteurinnen. Der Raum, den sie unserer Auseinandersetzung bieten, wird immer, immer wichtiger – für den Diskurs, für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Er wird immer wichtiger für die Demokratie, für die Kultur der Demokratie“.
Fotos: © Ulrich Perrey/Bucerius Kunst Forum
Anwesend ist auch der US-amerikanische Generalkonsul Jason Chue. Die US-Botschafterin Dr. Amy Gutmann übernimmt die Schirmherrschaft der Ausstellung. Dr. Kathrin Baumstark, Direktorin des Bucerius Kunst Forums, dankt in ihrer Rede aber vor allem auch den Nachfahren Lee Millers – darunter auch ihr Sohn Antony Penrose –, die ebenfalls unter den Gästen sind. Die Lee Miller Archives in East Sussex, England, kooperierten für die Ausstellung zu Millers Lebenswerk zuerst mit dem Museum für Gestaltung Zürich. Dessen Kuratorin, Karin Gimmi, dankt in ihrer abschließenden Rede den Beteiligten besonders für die harmonische Kooperation.
Fotos: © Ulrich Perrey/Bucerius Kunst Forum
Lee Millers Vermächtnis: Freie (Foto-)Presse für eine freie Gesellschaft
Bei allem Dank und Gratulationen stehen die Arbeiten Lee Millers an diesem Abend dennoch ganz im Fokus. Der Weg der Künstlerin vom Model zur Modefotografin und schließlich Foto-Dokumentarin der deutschen Kriegs- und KZ-Verbrechen bleibt einzigartig – und in aktuellen Kontexten relevanter denn je. Manuel Hartung nimmt Millers Foto der zerstörten Schreibmaschine „schweigende Remington“ als Anlass, die Bedrohung der Pressefreiheit – auch im Fotojournalismus – in den Fokus zu nehmen und auf die Woche der Pressefreiheit und die Verleihung der Free Media Awards der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius im September zu verweisen. Es brauche eine „freie Presse für eine freie Gesellschaft“. Claudia Roth bezeichnet das bekannteste Selbstporträt Lee Millers in Adolf Hitlers Badewanne als „vielleicht eines der wichtigsten Bilder und Kunstwerke, die wir uns überhaupt vorstellen können.“ Bucerius-Direktorin Kathrin Baumstark zitiert auch Millers Texte, in denen die Künstlerin die in einer vermeintlichen Schönheit lebende deutsche Mehrheitsgesellschaft den deutschen Kriegstaten gegenüberstellt. Ihre Sätze sind in ausgestellten Magazinen in der Werkschau zu lesen: „Mütter nähen, putzen und backen“, schreibt Miller, „Bauern pflügen und eggen, alles wie bei richtigen Menschen. Aber das sind sie nicht. Sie sind der Feind. Dies ist Deutschland und es ist Frühling.“ Miller habe Fotografien von Deutschen vermieden, um kein Mitleid zu erwecken, heißt es in einer Ausstellungs-Plakette. Umso wichtiger sei es, dass diese Ausstellung in Deutschland stattfinde, sagt Kathrin Baumstark in ihrer Rede– damit auch hierzulande Lee Millers Botschaft wiederholt werden könnte, mit denen die Künstlerin im oben genannten Text die Worte zu den KZ-Taten übertitelte: „Believe it“.
Zu verdanken ist die umfangreiche Dokumentation von Millers Werk ihren Nachfahren, die die Archiv-Arbeiten enthüllten, als Miller schon verstorben war. In ihrem letzten Lebenskapitel wandte sich die vom Krieg traumatisierte Künstlerin dem Kochen zu – auch dieser Abschnitt ist in der Ausstellung interaktiv mit Millers eigenen Kochrezepten dokumentiert.
Fotos: © Ulrich Perrey/Bucerius Kunst Forum
Für kultureller Teilhabe, gegen die Konventionen
Dass Lee Miller dennoch keine Konventionen befolgte, hebt auch Claudia Roth hervor und appelliert unter mehrfacher Berufung auf kulturelle Teilhabe besonders an junge Frauen im Raum, sich diesen Vorsatz „unters Kopfkissen“ zu legen, denn: „In der Kultur sind wir von gleichen Zugängen, gleicher Teilhabe, gleichen Rechten – ganz zu Schweigen von Equal Pay – noch ziemlich weit entfernt.“ Lee Miller revoltierte auch jenseits des Kriegsgeschehens in ihrer Kunst: Kathrin Baumstark erzählt von Millers Kritik am Surrealismus, der die Künstlerin selbst stark geprägt hat. Um den sexistischen Darstellungen ihrer männlichen Kollegen einen Kontrast entgegenzusetzen, fotografierte Miller einst eine in einer Mastektomie amputierte Brust – auch dieses Bild ist in der Ausstellung zu sehen. Ihre Fotografien, das findet Ministerin Roth, brachte Miller selbst zum Leben. „Sie sind wie ein guter Text, der für sie spricht – für Lee Miller, für uns.“
Fotos: © Ulrich Perrey/Bucerius Kunst Forum
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