„Reichtum in Deutschland“ – anregende Erkenntnisse
„Reichtum in Deutschland. Akteure, Räume und Lebenswelten im 20. Jahrhundert“
Armut und Reichtum liegen eng beieinander, auch in Hamburg: Mehr als 1.300 Stiftungen hat die Hansestadt und sie weist die größte Millionärsdichte in Deutschland auf – aber auch eines von fünf Kindern lebt dort von Hartz IV. Die Publikation „Reichtum in Deutschland“ erhellt „Akteure, Räume und Lebenswelten im 20. Jahrhundert“.
Die Bundesregierung veröffentlicht regelmäßig den Armuts- und Reichtumsbericht (ARB): im aktuell vorliegenden 5. ARB wird Reichtum deutlich mehr berücksichtigt als in den vorherigen Berichten. Es sei ein Hinweis darauf, „[…] dass in der Bundesregierung erkannt wurde, welche zentrale gesellschaftspolitische Bedeutung von großem Reichtum ausgeht“, schreibt Dorothee Spannagel in ihrem Beitrag (S. 354).
Es scheint, als ginge auch diesbezüglich wissenschaftlich ein Wandel vonstatten. Während sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den oberen Zehntausend in der sozialwissenschaftlichen Forschung etabliert hat, nimmt die Reichtumsforschung in der Geschichtswissenschaft bislang wenig Raum ein. Der vorliegende Band versucht diese Lücke zu schließen und versammelt die Ergebnisse einer gleichnamigen Tagung, die 2016 an der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg stattgefunden hat. 16 Beiträge aus den Sozial- und Kulturwissenschaften sowie aus unterschiedlichen Bereichen und Epochen der Geschichtswissenschaft (der Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte vom Kaiserreich bis in die jüngste Zeitgeschichte) widmen sich dem Sozialphänomen Reichtum. Gibt es überhaupt die eine soziale Gruppe der „Reichen“? Wer wird als reich wahrgenommen? Denn auf den ersten Blick haben Reiche wenig gemeinsam: Sie haben geerbt, ihr Geld gut angelegt und vermehrt oder auch im Lotto gewonnen. Und sie sind unterschiedlich reich, viele von ihnen werden jedoch immer reicher: Welche Kennzeichen, Grenzen und Beschreibungen machen Gesellschaften für Reiche aus? Wer wurde wann und von wem zum Kreis der Reichen gezählt?
Mit Beiträgen von Ralf Banken, Tabea Bodenstedt, Simone Derix, Jürgen Finger, Eva Maria Gajek, Jens Gieseke, Ingo Köhler, Christopher Kopper, Anne Kurr, Martin Lüthe, Sonja Niederacher, Martin Reimer, Torsten Riotte, Michael Schellenberger, Lu Seegers und Dorothee Spannagel
Eva Maria Gajek, Anne Kurr und Lu Seegers (Hrsg.), „Reichtum in Deutschland. Akteure, Räume und Lebenswelten im 20. Jahrhundert“, in der Reihe Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, (hg. von der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg); Bd. 57, Wallstein Verlag, Göttingen 2019; ISBN: 978-3-8353-3409-0, € 42,-