Eva König
Eva König
Eva König (1736 - 1778) sei ihrem Mann Gotthold Ephraim Lessing ebenbürtig gewesen, schreibt Paul Raabe in seiner Biographie und nennt sie "eine der tragischen Frauengestalten in der Literaturgeschichte" - eben weil man sie nur als Beiwerk zum Leben eines berühmten Mannes kenne. Raabes Hamburger Köpfe-Band rückt Eva König nun aus dem Schatten Lessings ins Licht der Leser.
Wie die gebürtige Heidelbergerin den Kaufmann Engelbert König heiratet und mit ihm nach Hamburg geht, ihm sieben Kinder gebiert und der berühmte Dichter Lessing zum "aufgeschlossenen und anregenden Freundeskreis" der Familie gehört, legt Raabe im ersten Teil seiner Biographie dar. Drei produktive Jahre verlebt Lessing in Hamburg, wo er das Schauspielhaus am Gänsemarkt zu einem Deutschen Nationaltheater umgestalten soll - seine "Hamburgische Dramaturgie" hat dieser Zeitspanne ein literarisches Denkmal gesetzt.
Der Dichter wird 1768 Pate des jüngsten Kindes von Eva König. Als ihr Mann 1769 stirbt, bittet er Lessing: "Nehmen Sie sich meiner Frau und Kinder an." Eindrücklich schildert die Biographie, wie die Kaufmannswitwe den Samt- und Seidenhandel ihres verstorbenen Mannes in Wien besorgt, wie eigenständig sie die Geschäfte führt und als Unternehmerin aktiv wird: "Eva König war eine angesehne und geschätzte Fabrikantin, selbstsicher und frei nach außen, gewandt in der Konversation, klug und souverän in ihren Verhandlungen."
Der in Wolfenbüttel ansässige Lessing wird in den folgenden Jahren Eva Königs Vertrauter, schließlich bekennen sie einander ihre Liebe und verloben sich 1771. Dass die tätige Eva König es mit dem schwierigen Dichter, mit seiner "negativen Lebensauffassung, seiner Hypochondrie, seiner Briefsaumseligkeit" nicht leicht hat, lässt Raabe deutlich werden. Als die beiden 1776 heiraten, ist Eva König 40 und Lessing 47 Jahre alt. Das Paar lebt fortan in Wolfenbüttel. Doch die Geburt des ersten gemeinsamen Sohnes bedeutet den Tod von Kind und Mutter. Lessing schreibt 1778 in verzweifeltem Schmerz: "Wenn Du sie gekannt hättest!"
Raabe zeigt, dass Eva König mit ihrer Herzensgüte und Lebensklugheit, ihrer Tüchtigkeit und Treue in ihrem Wesen Lessing in nichts nachgestanden hat. Er erzählt ein Frauenleben im 18. Jahrhundert. Auf kluge, einfühlsame Weise macht dieser Hamburger Köpfe-Band mit Eva König bekannt.
Paul Raabe, Hamburger Köpfe Eva König, herausgegeben von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2005, vergriffen