Gustaf Gründgens
Gustaf Gründgens
Gustaf Gründgens’ Werdegang beginnt wenig erfolgversprechend: Abitur – nicht geschafft, Kaufmannslehre – abgebrochen, im Kriegsdienst – verwundet. Erst der Eintritt in die Düsseldorfer Hochschule für Bühnenkunst verschafft ihm 1919 erste Erfolge. Das Abschlusszeugnis bescheinigt ihm „ein ungewöhnliches Talent für die sinnfällige Ausformung der seelischen Struktur problematischer Naturen.“
Der Theaterwissenschaftler Thomas Blubacher will mit seinem Hamburger Kopf „Gustaf Gründgens“ das Bild des einzigartigen Theatermenschen durch ein differenziertes Bild des Privatmannes „Guy“ komplettieren. Er beleuchtet Aspekte seiner psychischen und gesundheitlichen Probleme, schildert die familiären, freundschaftlichen und partnerschaftlichen Beziehungen des in Düsseldorf geborenen Ausnahme-Schauspielers.
Beruflich sei der Industriekaufmannssohn ein selbstsüchtiger, skrupelloser Karrierist gewesen. Von Hermann Göring protegiert, von Bertolt Brecht und Albert Einstein bejubelt und als erster mit dem Titel „Preußischer Staatsschauspieler“ geehrt, poliert er „die Kulturfassade des Dritten Reichs“ auf. Seine Rollen als Mephisto, Hamlet und der pflichttreue Mörder Philipp II. in Schillers „Don Carlos“ machen ihn zum Mythos. „Er glitzerte und sprühte vor Talent, der charmante, einfallsreiche, hinreißende, gefallsüchtige Gustaf! Ganz Hamburg stand unter seinem Zauber. Welche Verwandlungsfähigkeit! Welche Virtuosität der Dialogführung, der Mimik, der Gebärde!“ – schreibt ein Kollege und Liebhaber von Gründgens. Zudem feiert „GG“ als Filmschauspieler, Regisseur und Theaterintendant große Erfolge. Von 1955 bis 1963 ist er Generalintendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg. Der von Gründgens’ inszenierte Faust I, in Hamburg ständig ausverkauft, wird ein triumphaler Welterfolg.
Privat war der verehrte Künstler und „bisexuelle Dandy“ ein einsamer, leidender und verzweifelter Bohemien. Migräneanfälle, Medikamentenabhängigkeit, Schlaflosigkeit und Depressionen führen zur schleichenden Abschottung und Vereinsamung. Gründgens verstirbt während einer Weltreise in Manila und findet in Hamburg seine letzte Ruhe. Thomas Blubacher gelingt eine imposante und mitreißende, aber auch eine tiefgründige Biografie einer schillernden Persönlichkeit.
Blubacher, Thomas
Gustaf Gründgens, im Rahmen der Hamburger Köpfe herausgegeben von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Ellert & Richter Verlag, Hamburg, 2012, vergriffen