Vielleicht waren es die Wellen der Empathie, vielleicht die bewegenden Worte, vielleicht die ehrfürchtige Atmosphäre im Raum. Als die russische Menschenrechtlerin und Historikerin Irina Scherbakowa und die Hilfsorganisation Tafel Deutschland e.V. in Hamburg den Marion-Dönhoff-Preis für Internationale Versöhnung und Verständigung entgegennehmen, will der Applaus jedenfalls nicht enden. Ob in der Laudatio für Scherbakowa, ausgesprochen von Bundeskanzler Olaf Scholz, oder den Dankesreden der Preisträger:innen selbst – die Zuschauer:innen nutzen jeden Moment, um die Bedeutung des Tages durch Beifall zu unterstreichen. Verständlich: Es geht um politische, soziale und Energie-Krisen, wie sie unzählige Menschen im Alltag betreffen. Es geht um Krieg. Es geht um internationale und lokale Solidarität.
Vielleicht ist dieser Sonntag im Hamburger Schauspielhaus aber auch ein besonderer Vormittag, weil der Marion-Dönhoff-Preis in diesem Jahr sein 20. Jubiläum feiert. Welches Vermächtnis für Versöhnung und Verständigung die ehemalige ZEIT-Chefredakteurin Marion Gräfin Dönhoff geschaffen hat, machte ein Kurzfilm ihres Lebenswerks deutlich, der im Vorfeld der Preisverleihungen gezeigt wurde. Dönhoffs Lebenswerk ist eine passende Überleitung zur Geschichte des Preises selbst: Von Desmond Tutu bis zur Organisation Fridays for Future sind die Haupt- und Förderpreisträger:innen immer ein Spiegel der gesellschaftspolitischen Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre. Und damit jetzt auch die Hilfsorganisation Tafel Deutschland e.V., die den mit 20.000 Euro dotierten Förderpreis für ihre Arbeit in der Lebensmittelhilfe entgegennimmt, und Irina Scherbakowa, die in der Ukraine geborene russische Historikerin, Menschenrechtlerin und Mitgründerin der Organisation Memorial. Memorial ist eine der wichtigsten Menschenrechtsorganisation in Russland und weltweit. Im Dezember wurde die Organisation vom Obersten Gericht in Moskau verboten und aufgelöst. Am 10. Dezember erhält Memorial in Oslo den Friedensnobelpreis.
Die Preisträger:innen zusammen mit Moderatorin Julia-Niharika Sen, Bundeskanzler Olaf Scholz und ZEIT-Journalist Matthias Naß. © Andreas Henn für DIE ZEIT
Hauptpreis für Irina Scherbakowa mit Laudatio von Bundeskanzler Olaf Scholz
Vor diesen Hintergründen sind es also große Worte, die im Scheinwerferlicht des Schauspielhauses gesprochen werden. Die von Dönhoff unterstrichene Bedeutung von Verständigung hebt auch Bundeskanzler Olaf Scholz im Bezug auf Russland und Putins Angriffskrieg in der Ukraine hervor. Die essentiellen Botschaften des Tages haben aber die Preisträger:innen selbst. Für sie sei der Preis ein Zeichen der Solidarität, sagt Hauptpreisträgerin Irina Scherbakowa in ihrer Dankesrede, und erklärt sinngemäß: Als Historikerin, die sich oft mit den Biografien anderer Menschen beschäftige, sei es schwierig, ihre eigene im Fokus zu sehen. Umso mehr rückt Scherbakowa die allgemeine Bedeutung von Frauen in Widerstand und Opposition in den Fokus: „Frauen, die sich nicht fügen und sich nicht anpassen wollen, Frauen, die eine ungeheure Lebenskraft besitzen. Es ist bezeichnend, dass man solche Frauen immer wieder als schwierig empfindet. (…)“ Ein Musterbeispiel dafür sei Gräfin Dönhoff, so Scherbakowa. Darüber hinaus gelte ihr besonderer Respekt Frauen wie der tschetschenischen Menschenrechtlerin und Memorial-Kollegin Natalja Estemirowa und der belarussischen Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa.
Irina Scherbakowa während ihrer Dankesrede. © Andreas Henn für DIE ZEIT
Bundeskanzler Olaf Scholz hält die Laudatio für Irina Scherbakowa. © Andreas Henn für DIE ZEIT
Förderpreis für die Tafel Deutschland e.V. mit Laudatio von Katharina Fegebank
Über Respekt spricht auch das Team der Tafel Deutschland e.V. Die Laudatio für den Förderpreis kommt von Hamburgs zweiter Bürgermeisterin Katharina Fegebank, die die Verantwortung der Politik im Krisenmanagement betont – noch bevor eine Hilfsorganisation wie die Tafel überhaupt einsteigen kann. Die gesellschaftliche Wahrnehmung der Menschen, die Hilfe durch die Tafel empfangen, müsse sich ebenfalls grundlegend ändern, fügen die Preisträger:innen selbst hinzu: Wer Hilfe empfängt, ist kein schlechter Mensch. Nachklingen dürfte für Gäst:innen auch die Zahl, die Tafel-Schatzmeister Willi Schmid nennt: Allein für den Energie-Betrieb und Fuhrpark einer einzelnen Tafel-Location in Deutschland braucht es jährlich zwischen 90.000 und 100.000 Euro. Ein Tropfen auf den heißen Stein sei das Preisgeld von 20.000 Euro aber trotzdem nicht.
Der Vorsitzende und die Geschäftsführung der Tafel Deutschland e.V. nehmen den Förderpreis 2022 entgegen. © Andreas Henn für DIE ZEIT
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank hält die Laudatio für den Förderpreis und Tafel Deutschland e.V. © Andreas Henn für DIE ZEIT
Der Marion-Dönhoff-Preis für Internationale Versöhnung und Verständigung wird jährlich von Die ZEIT, der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und der Marion-Dönhoff-Stiftung vergeben. Die Preisträger:innen wurden von einer Jury ausgewählt, der Friedrich Dönhoff, Norbert Frei, Astrid Frohloff, Maja Göpel, Manfred Lahnstein, Matthias Naß, Janusz Reiter und Anne Will angehören. Zahlreiche Leserinnen und Leser sind dem Aufruf der ZEIT gefolgt und haben verschiedene Personen und Organisationen vorgeschlagen, die sich im Sinne Marion Dönhoffs für internationale Verständigung und Versöhnung engagieren.
Im Recap-Clip zum EuropaCamp schildern u.a. Emilia Roig, Reinhard Bütikofer und Annika Rittmann (Fridays For Future) ihre Sicht auf Europas Zukunft.
22. Mai 2023Die ZEIT-Stiftung setzt sich für die Verteidigung der Pressefreiheit ein – in regionalen bis internationalen Projekten und Förderungen.
03. Mai 2023Bei Sonne begrüßten ZEIT-Stiftung, Kampnagel und ARTE Besucher:innen und Panelist:innen, um über Herausforderungen für die Demokratie zu diskutieren.
26. April 2023Willkommen zurück: Evelyn Bertz übernimmt zum 1. Juni 2023 die Leitung Verwaltung und Finanzen des Bucerius Kunst Forums in Hamburg.
04. April 2023Die 5. Ausgabe des EuropaCamps brachte Stimmen aus Politik, Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen, um der Demokratie den Rücken zu stärken.
26. März 2023Mit dem Schwerpunkt „The writing on the wall“ fördert die ZEIT-Stiftung eine Artikelreihe des Magazins „Eurozine“ über die Bedrohung von Demokratien.
01. März 2023Der ukrainische Journalist schildert, wie unabhängiger Journalismus in der Ukraine auch in Kriegszeiten bestehen kann und muss.
24. Februar 2023Im russischen Angriffskrieg liefern unabhängige Stimmen Informationen für Medien weltweit. Mit Bildern und Reportagen kämpfen sie gegen Propaganda.
23. Februar 2023Europäische Sicherheit, Klimaflucht und Geotechnologie: Mit diesen Fokusthemen starten drei Fellows in das Helmut Schmidt Fellowship 2023.
31. Januar 2023Bewerber:innen mit Promotionsprojekten zur Grenzforschung können sich bis zum 1. März bewerben.
18. Januar 2023Alena Buyx spricht über Chancen der Stiftungsarbeit, virale Reaktionen und warum Wissenschaftler:innen die Grenzen ihrer Kompetenz kennen sollten.
17. Januar 2023Mit großem Dank verabschieden wir Peer Steinbrück aus unserem Kuratorium und heißen Prof. Dr. Alena Buyx als neues Mitglied willkommen.
17. Januar 2023Prof. Dr. Andreas Hoffmann ist seit 2007 Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums und übernimmt zum 1. Mai die Geschäftsführung der documenta.
12. Januar 2023Wir wünschen Ihnen eine ruhige Zeit und einen guten Start für 2023.
20. Dezember 2022Die Verantwortlichen des „Hamburg Konvent“, initiiert von der ZEIT-Stiftung, haben der Bürgerschaft Vorschläge zur Neuausrichtung der Stadt übergeben.
04. November 2022Free Media Awards 2022 im Nobel-Institut in Oslo an Journalist:innen und Medien aus der Ukraine vergeben.
17. Oktober 2022Memorial-Mitgründerin Irina Scherbakowa erhält den Marion-Dönhoff-Preis 2022 – Der Förderpreis geht an Tafel Deutschland e. V..
10. Oktober 2022Beim Alumni-Treffen der ZEIT-Stiftung in Wien ging es um Angriffe auf demokratische Werte und die Folgen für Wissenschaft und Journalismus.
20. September 202235.000 Euro sind durch Spendenaktionen von März bis September 2022 für den Culture of Solidarity Fund Ukraine zusammengekommen.
15. September 2022Theo Sommer ist im Alter von 92 Jahren gestorben.
22. August 2022Vor 25 Jahren starb unsere Stifterin Ebelin Bucerius. Mit ihrem Mann baute sie den Zeitverlag auf und legte damit den Grundstein für diese Stiftung.
05. Juli 2022In der aktuellen Folge ZEITGEISTER wird der Hit vor dem Hintergrund der Pandemie und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine neu interpretiert.
27. Juni 2022Prof. Manuel J. Hartung, Vorstandsvorsitzender der ZEIT-Stiftung, sprach mit neues-stiften.de über prägende Lebensphasen und die Zukunft des Stiftens.
22. Juni 2022Bis zu zehn Postdoc-Stipendien richten sich an ukrainische Wissenschaflter:innen, die von Krieg und Vertreibung betroffen sind.
21. Juni 2022Beim Festakt zum 50. Jubiläum der ZEIT-Stiftung sprach Bundespräsident Steinmeier über die Stärken von Demokratien und lobte die Rolle von Stiftungen.
18. Mai 2022Die bisherige künstlerische Leiterin wird zum 1. Mai Direktorin des Hamburger Ausstellungshauses der ZEIT-Stiftung.
22. April 2022Im April konnten die Besucher:innen das Programm wieder vor Ort auf Kampnagel verfolgen – und im Livestream.
14. März 2022Die ZEIT-Stiftung und ihre Töchter sind entsetzt und schockiert über den Krieg in der Ukraine.
04. März 2022Bis 1962 sitzt der Verleger für die CDU im Bundestag. Dann kommt es zum Zerwürfnis zwischen ihm und der Partei.
08. Februar 2022Digital Charta-Initiative begrüßt Erklärung der EU-Kommission zu digitalen Rechten und Grundsätzen.
07. Februar 2022Generationswechsel im Vorstand der ZEIT-Stiftung komplett. Zum 1. Januar hat Professor Manuel J. Hartung den Vorstandsvorsitz der Stiftung übernommen.
17. Januar 2022Der #NETZWENDE-Award 2021 geht mit „Amal, Berlin!” an ein journalistisches Angebot, das Vielfalt und Integration möglich macht.
03. Januar 2022Unser Vorstandsvorsitzender Michael Göring geht nach fast 25 Jahren bei der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius Ende Dezember in den Ruhestand.
21. Dezember 2021Langjährige Wegbegleiter:innen und Mitarbeiter:innen sprechen über Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft der ZEIT-Stiftung.
14. Dezember 20211971 gründete Gerd Bucerius die ZEIT-Stiftung. Sein Handeln und Denken treibt uns bis heute an.
14. Dezember 2021Am 15. Dezember 1971 genehmigte der Hamburger Senat die Gründung der ZEIT-Stiftung durch Gerd Bucerius – eine Chronik.
14. Dezember 2021Der ehemalige Finanzvorstand Michael Berndt berichtet, wie man eine Stiftung auch in wirtschaftlich stürmischen Zeiten auf Kurs hält.
07. Dezember 2021Die Gründung der Bucerius Law School war eine Revolution und veränderte die deutsche Bildungslandschaft nachhaltig. Wie kam es dazu?
05. Dezember 2021Der langjährige Kuratoriumsvorsitzende Manfred Lahnstein erklärt, warum internationaler persönlicher Austausch ein Fundament der Stiftungsarbeit ist.
04. Dezember 2021Der Politiker und Jurist Baum sowie die Menschenrechtsorganisation wurden für ihr Engagement ausgezeichnet.
28. November 202150 Jahre ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius – ein Grund zum Feiern, wenn auch mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen aufgrund der Coronapandemie.
23. November 2021Manuel J. Hartung übernimmt zum Ende des Jahres 2021 den Vorstandsvorsitz der ZEIT-Stiftung von Michael Göring, der zum Jahreswechsel in den Ruhestand geht.
02. November 2021Am 1. November wurden die Auszeichnungen an herausragende Medienschaffende aus Osteuropa überreicht.
13. Oktober 202120 Doktorand:innen aus aller Welt starten als Stipendiat:innen im Programm Beyond Borders. Sie untersuchen Grenzen in Vergangenheit und Gegenwart.
20. September 2021Mit fünf Fellowships fördert die ZEIT-Stiftung die Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte.
18. August 2021ZEIT-Stiftung und Stiftelsen Fritt Ord vergeben Free Media Awards in diesem Jahr an Medienschaffende aus Belarus.
11. August 2021Als Vorsitzender des Vorstands hat Michael Göring viele bedeutende Projekte initiiert und angeleitet. In diesem Text blickt er zurück.
28. Juli 2021Der Freiheit immer wieder eine Bühne zu geben sei eine der Aufgaben der ZEIT-Stiftung, schreibt Burkhard Schwenker, Vorsitzender des Kuratoriums.
27. Juli 2021Auf 122 Seiten enthält das Jubiläumsmagazin einen Rückblick auf 50 Jahre ZEIT-Stiftung, Einblicke in die Projekte und einen Ausblick in die Zukunft.
25. Juli 2021Beim diesjährigen Europacamp der ZEIT-Stiftung diskutierten unter anderem Heiko Maas, Sandra Maischberger, Eckart von Hirschhausen, Sandra Gugić, Timothy Garton Ash und Wolfgang Ischinger.
07. Juni 2021"Wie wollen wir leben?“ – Das ist seit Beginn die Leitfrage des Bucerius Lab der ZEIT-Stiftung. Jetzt feiert es seinen zehnten Geburtstag.
02. Juni 2021Rund 160 zufällig ausggewählte Teilnehmer:innen diskutiuerten im zweiten bundesweiten Bürgerrat über Deutschlands Rolle in der Welt.
25. März 20212020 wurden drei osteuropäische Medien, ein Fotojournalist und ein Journalist mit den Free Media Awards ausgezeichnet.
19. August 2020