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Schlafwandeln als Metapher für eine Epoche

Die 29. Podcast-Folge der „Zeitgeister“ verbindet Maria Callas‘ Interpretation der „Schlafwandlerin“ mit dem Begriff des „politischen Schlafwandelns“.

Somnambulismus: Der Fachbegriff für das nächtliche Umherwandern klingt so viel eleganter als sein umgangssprachliches Gegenstück „Schlafwandeln“, das wir in der Alltagssprache verwenden. Anders sieht das in einer Oper von Vincenzo Bellini aus: Sie trägt den Titel „La Sonnambula“ und wurde 1831 uraufgeführt. Die 29. Folge unseres Podcasts „Zeitgeister“ nimmt wiederum eine Interpretation von 1957 in den Blick – gesungen von der griechischen Opernlegende Maria Callas.

Callas übernimmt in „La Sonnambula“ die Rolle der Amina, die nachts schlafwandelt und daher verdächtigt wird, ihren Verlobten zu betrügen. „Zeitgeister“-Moderator und Kulturjournalist Ralf Schlüter beschreibt Callas Figur als „einen Menschen, der zwar umhergeht und Dinge sagt und tut, der aber nicht bei Bewusstsein ist“. Ein ähnlicher Zustand findet in den letzten Jahren immer mehr Verwendung als beschreibende Metapher, wenn es um politische Zustände geht. Der Historiker Christopher Clark erklärte den Beginn des Ersten Weltkriegs mit diesem Begriff – keiner habe den Krieg so wirklich gewollt, man sei kollektiv hineingelaufen, eben wie ein Schlafwandler. Seither wird vorm „politischen Schlafwandeln“ gewarnt, aktuell im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg in der Ukraine. Beschreibt dieser Begriff also unsere Epoche?

Fragen wie diesen geht Ralf Schlüter in dieser Podcast-Folge mit seinem Gast Dr. Albrecht Plewnia nach. Plewnia ist Linguist und beschäftigt sich mit Varianten des Deutschen und der Entwicklung der Sprache. Am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim leitet er den Programmbereich „Sprache im öffentlichen Raum“. Unter anderem mit seiner Unterstützung untersucht Ralf Schlüter das Schlafwandeln als reales Phänomen und Vorstellung: Was bedeuten die Dinge, die wir im Schlaf erleben oder sogar tun? Wie gehen wir um mit Handlungen, die wir ohne Bewusstsein verrichten? Und wie wurde ausgerechnet das Schlafwandeln zum politischen Sinnbild in Debatten?

Aktuell können Sie vier Podcast-Reihen der ZEIT-Stiftung nachhören. Der Podcast „Zwischenrufe“ widmet sich aktuellen und kontroversen politischen Themen. In „Zeitgeister” folgt der Kulturjournalist Ralf Schlüter den Spuren, die in berühmten Songs und Musikstücken angelegt sind. Wie hat die Corona-Pandemie unsere Städte und das Landleben verändert? Dieser Frage widmet sich die Podcast-Reihe „Urban Change”.  „Menschenwürde, Menschenleben” ist ein Podcast über die Einordnung von Grundrechten in Zeiten der Krise.