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Demokratie im Stresstest: So war das EuropaCamp 2023

Bei Sonne begrüßten ZEIT-Stiftung, Kampnagel und ARTE Besucher:innen und Panelist:innen, um über Herausforderungen für die Demokratie zu diskutieren.

Wie können wir der Demokratie den Rücken stärken? Um diese Frage ging es beim 5. EuropaCamp der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und ARTE auf Kampnagel. Sie bleibt akut, denn Europa scheint aus dem Krisenmodus nicht mehr herauszufinden. Auf Kampnagel kamen deshalb vom 20. bis 23. April zahlreiche Expert:innen und Publikum zusammen, um über Missstände, Systemkritiken und Lösungsvorschläge zu diskutieren. Schüler:innen-Workshops, Panel-Talks, Lesungen und Performances spiegelten dabei das facettenreiche Meinungsbild wider, das Europa als Kontinent und Konzept ausmacht – und ein Ausblick auf herausfordernden, aber notwendigen Zusammenhalt.

Viele Panelaufzeichnungen und Videos vom EuropaCamp finden Interessierte auf dem YouTube-Kanal der ZEIT-Stiftung.

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© David Ausserhofer/ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius

Den Anfang im öffentlichen und kostenlosen Programm fand das Wochenende mit der ersten Hamburger „Fuck-Up-Night für die Demokratie“. Dem Konzept von Martin Fuchs folgend, kamen hier erst zum zweiten Mal in Deutschland Politiker:innen auf öffentlicher Bühne zusammen, um die Fehlerkultur der Politik neu zu denken. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete der FDP, Katja Suding, der ehemalige Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Ole von Beust, sowie die Hamburger Fraktionvorsitzende der LINKE, Cansu Özdemir, schilderten in 10-minütigen-Keynotes ihre Sicht auf politische und eigene Fehler und diskutierten im Anschluss mit F.A.Z.-Journalistin Helene Bubrowski einen neuen Umgang mit politischen Fehlleistungen. Im Anschluss zeigte der Musiker, Schauspieler und Bühnenstar Rocko Schamoni sein ebenfalls neu entdecktes Moderationstalent: Für das künstlerische Panel „Hat Kunst dich verändert?“ holte er die Musikerin Charlotte Brandi und die Schauspielerin Lina Beckmann auf die Bühne. Neben einem intensiven Gespräch über Kunst, Revolution und die eigene (politische) Identität performte Brandi u.a. ihren Song „Frau“ als Geburtstagsgruß an Lina Beckmann.

Nach diesem eindrucksvollen Auftakt folgte am Samstag, 22. April, das Hauptprogramm des EuropaCamps. Im ersten Panel zu Rechtsruck und Populismus in Europa diskutierten Emilia Roig, Julia Ebner und Wolfgang Kraushaar unter anderem kontrovers über die Ursachen und Abwehr von rechten Ideologien in der Mitte der europäischen Gesellschaft. Im Anschluss wanderte das Publikum vom Zuschauerraum mit auf die Bühne: Im interaktiven Panel zu Klimaneutralität (organisiert von Planpolitik) tauschten sich Alma Spribille, Annika Rittmann und Florian Ranft mit Besucher:innen über Europas ambitionierte Klimaziele und deren mögliche Umsetzung aus: Ist das Glas voll oder halb leer? Per roten und grünen Stimmkarten wurden die Ziele abschließend beurteilt.

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© David Ausserhofer/ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius

Besonders viele Perspektiven für Europa und sein Umfeld zeigte auch die von ARTE kuratierte Gesprächsreihe am Samstagnachmittag. Zuerst schilderte die jüngste Bürgermeisterin Afghanistans (a.D.), Zarifa Ghafari, im Gespräch mit Shila Behjat den ruhelosen Kampf junger afghanischer Frauen. Piotr Buras und Agata Klaus besprachen im Talk der Deutschen Nationalstiftung einen neuen Blick auf Polens Rolle in Europa. Journalistische Perspektiven gab es von Masha Borzunova, im Gespräch mit Katrin Sandmann über den Widerstand gegen Putins Propaganda, und von Robin Alexander und Tom Waurig, in der Diskussion über die Grenzen von Journalismus und Aktivismus.

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EuropaCamp 2023_2552.jpg (369 KB)© David Ausserhofer/ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius

Von journalistischer Seite lieferte auch das weitere Kulturprogramm des EuropaCamps greifbare Eindrücke, namentlich die Lesungen im Saal K2 auf Kampnagel. Für den Programmpunkt „Das ist ein Ozean aus Wahnsinn“ (in Zusammenarbeit mit Dekoder) las die Autorin Xenia Lutschenko im Gespräch mit Dekoder-Gesellschafterin Friederike Meltendorf aus ihrem Text „Goliath hat gewonnen“. Besonders warm und euphorisch war die Stimmung am Abend, bei der Lesung und dem Gespräch der „Poets from Black Europe“ Lubi Barre, Kalaf Epalanga und Jason Allen-Paisant. Sie wurden von Schriftsteller Fiston Mwanza Mujila zum Gespräch mit Moderatorin Alexandra Antwi-Boasiako eingeladen. Neben den Lesungen fand ebenfalls das Panel „Supermacht? Wie sich Europa verteidigt“ mit Ursula Schröder, Aylin Matlé und Roderick Parkes in der Halle K2 statt. Hier diskutierten die Sicherheits-Expert:innen ihre wissenschaftlichen Einschätzungen großer Fragen zu Krieg, Frieden und Verteidigung in Europa.

Passend dazu lag der Fokus des EuropaCamps am Ende des Abends erneut auf dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Im Rahmen einer Keynote sprach Ivan Krastev mit dem Journalisten Yves Kugelman. Daran schloss sich das große Abschlusspanel des EuropaCamps an: „Ukraine – One Year Later: Insights from Ukraine and beyond“. In der hochkarätigen Panel-Besetzung gaben Iuliia Osmolovska, Vlada Galan, Reinhard Bütikofer, Benedetta Berti, Niels Annen und Peter Beyer Einblicke in die Solidarität mit der Ukraine auf europäischer Ebene – von Forderungen bis hin zu bereits geleisteten Hilfestellungen.

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© David Ausserhofer/ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius

Während die Zuschauer:innen im Foyer zwischen den Ständen des Infopoint Europa, der Hamburger Bücherhallen oder der Buchhandlung cohen+dobernigg Halt machten, ging die Sonne über den Dächern der Kulturinstitution unter. Mit dem Ende des Panel- und Lesungsprogramms kam am Sonntagabend schließlich auch ein künstlerisches Ende: BOSSE spielte ein ausverkauftes Konzert in Anschluss an das Programm des EuropaCamps. Mit vielen Fans vor Ort brachte Sänger und Musiker Axel Bosse die Kampnagel-Tribünen zum Beben und dankte in warmen Worten nicht nur dem Publikum, sondern auch seinen Unterstützern vor Ort – den Hilfsorganisationen Viva con Agua und „Dein Topf“ sowie der ZEIT-Stiftung. „Demokratie im Stresstest“ – am Ende plädierte der Musik-Star mit Bezug zum Thema des EuropaCamps für den Zusammenhalt. Mit diesem Schlüsselbegriff hatten auch hinter den Kulissen viele Teilnehmer:innen geantwortet, wenn es tagsüber um die Frage ging, was Europa jetzt braucht. Vielleicht haben wir damit schon ein Motto für die nächste Diskussion oder Lesung?

Vor dem öffentlichen Programmteil des EuropaCamps fanden in Zusammenarbeit mit Planpolitik Schüler:innen-Workshops zum Thema Demokratie statt. Auch die Emil-Krause-Schule in Hamburg, Partnerschule unseres Bildungsprojekts WEICHENSTELLUNG, war mit einem Workshop zum Thema Angriffskrieg in der Ukraine beteiligt. Den emotionalen Bericht vom Workshop lesen Sie hier.

EuropaCamp 2023_2268.jpg (458 KB)© David Ausserhofer/ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius