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© David Ausserhofer
„Ich bin zurückgekommen, um euch die Hand zu reichen“

Im restlos ausverkauften Deutschen Theater in Berlin sprach Georg Mascolo mit der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer und dem ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck über Deutschlands Vergangenheit, seine Gegenwart und die Zukunft. Ergänzt wurde das Gespräch mit Textpassagen aus Margot Friedländers Autobiografie „Versuche, dein Leben zu machen“.

In seiner Begrüßung fasst Manuel Hartung die Intention des Abends so zusammen: „Die Botschaft, niemals zu vergessen, nehmen wir mit aus diesem Saal, mit in die Schulklassen, mit an die Küchentische, mit zur Arbeit und mit in die Uniseminare“.

Die inzwischen 102-jährige Margot Friedländer live zu erleben war für alle Anwesenden unvergesslich. Diese zart erscheinende Frau reiste nach 56 Jahren im amerikanischen Exil zum ersten Mal nach Deutschland und empfand Glück, in einer so schönen Stadt wie Berlin geboren worden zu sein. Sieben Jahre später entschied sie sich 88-jährig dafür, ganz nach Berlin zurückzukehren - und hat es bis heute keine Sekunde bereut. Ihre Botschaft ist klar: Seid Menschen und redet miteinander.

Der Journalist und Autor Georg Mascolo, der den Abend moderierte fragte den ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck, weshalb die Menschen genau jetzt auf die Straße gehen. Seine Antwort: „Wenn Demokratie und Freiheit auf dem Spiel stehen, fragen sich die Menschen: Wer sind wir eigentlich, wer wollen wir sein? Und sie erkennen, wir müssen für unsere Werte einstehen. Menschen sind zu allem fähig, zu allem Guten, zu allem Bösen. Aber wir haben immer eine Wahl. Das können wir von Zeitzeugen lernen“, so Gauck.

Anja Schneider, Ensemblemitglied des Deutschen Theaters, las drei von Margot Friedländer ausgewählte Passagen ihrer Autobiografie „Versuche, dein Leben zu machen“ und ließ diese auf der Bühne erneut lebendig werden. Über den Tag als Margot Friedländers kleinen Bruder von der Gestapo aus der Wohnung deportiert wurde, über ihr Leben im Untergrund, über wortlose Abschiede, über das Aushalten, über die Zeit in Theresienstadt und die Ankunft in New York.

Trotz allem entschied sich Margot Friedländer für die Rückkehr nach Deutschland, wo sie sich der Aufklärung von Schüler:innen über die Geschehnisse in der Nazi-Zeit verschrieb. „Ich war in vielen größeren und kleineren deutschen Schulen und habe unendlich viele Danksagungen von Schülern bekommen, dafür dass ich ihnen die Hand reiche und dass ich ihnen als Freundin entgegenkomme. Ich möchte, dass ihr menschlich seid und Menschen respektiert.“

Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS veranstaltete mit diesem Abend den „Berliner Freiheitsdialog“, bei dem in loser Folge wichtige Stimmen zu Wort kommen, um Stellung zu drängenden Themen unserer Zeit zu nehmen.

Kuratiert wurde der Abend in Kooperation mit dem Deutschen Theater von Christoph Gottschalk.

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