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© David Laubmeier/ZEIT STIFTUNG BUCERIUS
„Wenn die Wissenschaftsskepsis um sich greift, dann geht uns die Demokratie in die Binsen“

Rund 100 Wissenschaftler:innen, Hochschulmitarbeitende, Kommunikator:innen und Gäst:innen informierten sich beim interaktiven Auftaktsymposium zur neuen Initiative „Expertise unter Druck“ in der Bucerius Law School in Hamburg und diskutierten über besseren Schutz von Forschenden in der Öffentlichkeit.

„So viel Wissenschaft war noch nie“, eröffnete Manuel Hartung, Vorstandvorsitzender der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, das Live-Abschluss-Panel des Symposiums „Expertise unter Druck“ am Abend im vollbesetzten Moot Court in der Bucerius Law School in Hamburg. Expertenrat sei nicht nur in der Pandemiezeit, sondern auch in einem Zeitalter der Polykrise weiterhin gefragt wie selten zuvor. „Aber gleichzeitig geriet Expertise auch unter Druck.“ Wissenschaftler:innen erfahren Hass, Hetze und persönliche Anfeindungen im öffentlichen Diskurs, einige ziehen sich deshalb zurück. Wie gehen wir damit um und was können wir tun, um Forschende besser zu schützen? Und wie stärken wir das Vertrauen in Wissenschaft in der Gesellschaft?

Ein Tag, sieben Programmpunkte: Workshops, Panel-Talks und Impuls-Vorträge

Unter diesen Leitfragen stand das eintägige Symposium-Programm zur Initiative der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, der Klaus Tschira Stiftung und der Anlaufstelle Scicomm-Support. Der Tag bestand aus Talks, interaktiven und praxisnahen Workshops und Impuls-Vorträgen in der Bucerius Law School, in denen gemeinsam mit Expert:innen etwa von Hate Aid oder der Anlaufstelle Scicomm-Support auch persönliche Fälle oder spezielle Fragen zum Arbeits- oder Persönlichkeitsrecht im kleineren Kreis besprochen werden konnten. Zudem waren Fragen der (Wissenschafts-)Kommunikation und Resilienz Schwerpunkte der Workshops am Vormittag. In den spannenden Diskussionsforen am Nachmittag ging es zudem um Ursachenforschung sowie aufgeheizte Diskussionen in (digitalen) Räumen der Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeit.

Hier das Recap-Video des Symposiums ansehen:

„Wenn die Wissenschaftsskepsis um sich greift, dann geht uns die Demokratie in die Binsen“, warnte Alena Buyx, Vorsitzende des Ethikrats und Professorin für Medizinethik, die zusammen mit dem Virologen Christian Drosten und Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda auf der großen Bühne am Abend gemeinsam mit dem Publikum weiterdiskutierte. „Das ist eine Grundfeste der Aufklärung.“ „Menschen, die dem nicht mehr vertrauen, sind so anfällig für […] Populismus, Extremismus und Faschismus.“ Hier seien wir gerade in der heutigen Zeit alle gemeinsam gefordert, appellierte Alena Buyx. Wir müssten Wissenschaft mehr erklären und Alternativen aufzeigen, denn oftmals seien die komplexen Themen in der extremen medialen Verkürzung schwer zu vermitteln. „Es gibt nicht den einen Weg, nicht das eine Argument, das alles schlägt. “

„Sagen, was sein könnte“  - über Gewissheiten und den Ist-Zustand von Wissenschaft und Gesellschaft

„Wenn Fakten fehlen, kann man das nicht durch Meinung ersetzen“, betonte auch Virologe Christian Drosten. In der (Wissens-)Lücke müssten Expert:innen manchmal noch mehr erklären, vielleicht eine Perspektive anbieten, antworte er auf die Frage nach dem Zwiespalt zwischen dem Wunsch vieler Menschen nach Gewissheits-Institutionen und der Vorläufigkeit von Wissenschaft. Der Diskurs solle insgesamt weniger politisch und politisiert geführt werden.

Und Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg wünschte sich, noch mehr darauf zu schauen, wie wir als Gesellschaft momentan dastehen und mit dem Ist-Zustand umgehen. Es gehe darum, auch Wissen so zusammenzubringen, dass wir aus den Krisenspiralen rauskommen – „sagen, was sein könnte“. Er sei zuversichtlich, dass wir als Gesellschaft Wege finden.

Die gesamte Live-Diskussion mit Prof. Drosten, Prof. Buyx und Senator Brosda ist hier im Video verfügbar.

Drei Wünsche und ein Vorsatz für Zusammenarbeit der Zukunft

Wie kann es also gelingen, Wissenschaftler:innen besser zu schützen und vorzubereiten?

Besonders deutlich wurden in den Runden drei Wünsche der Teilnehmenden: der Wunsch nach mehr institutioneller Unterstützung auch durch Arbeitgeber:innen, der Wunsch nach gezielter Vorbereitung und Anleitung insbesondere von jüngeren Nachwuchs-Wissenschaftler:innen und der Wunsch nach noch mehr Anlaufstellen für Betroffene inklusive der entsprechenden finanziellen Ressourcen. Darüber hinaus stand auch die Beziehung von Wissenschaftsjournalist:innen und Forschenden, die öffentlich kommunizieren, immer wieder im Fokus der Diskussionen. Dabei klang durch, dass beiderseitig auch viele positive Zusammenarbeiten entstanden seien und ein gleichseitig hoher Anspruch an die eigene Arbeit oft gelte. Für die Zukunft könnte es helfen, die Challenges beider Gruppen stärker zusammen zu denken, um noch mehr Verständnis füreinander zu schaffen und die Arbeit zu erleichtern.

Initiative „Expertise unter Druck“

Das Symposium war der Start einer neuen Initiative zum Schutz und zur Orientierung von Wissenschaftler:innen in der Öffentlichkeit, die die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS gemeinsam mit der Klaus Tschira Stiftung und dem Scicomm-Support auf den Weg gebracht hat. Das Engagement der Stiftungen soll die Hürden für Wissenschaftler:innen verringern, sich an öffentlichen Auseinandersetzung zu beteiligen und den Austausch zwischen Vertreter:innen aus Wissenschaft, Medien, Politik und Zivilgesellschaft stärken.

Weitere Informationen zur Initiative finden Sie hier.

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