© Hamburgische Bürgerschaft/Susanne Ahrens

Bericht des Hamburg Konvent: Was wird aus der Hansestadt?

Die Verantwortlichen des „Hamburg Konvent“, initiiert von der ZEIT-Stiftung, haben der Bürgerschaft Vorschläge zur Neuausrichtung der Stadt übergeben.

Ist der Glaube an Fortschritt naiv? Mit dieser Frage startet das Vorwort des Vorstandsvorsitzenden der ZEIT-Stiftung Prof. Manuel J. Hartung zu den drei Thesen des „Hamburg Konvent“. Die Antwort folgt prompt: Nein, denn durch spürbares Handeln können wir nicht nur den Glauben an Fortschritt, sondern auch konkrete Verbesserung sichern. Wie eine solche Verbesserung im Stadtleben aussieht, wollen die Ergebnisse des Hamburg Konvent aufzeigen. Die ZEIT-Stiftung und ihr ehemaliger Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Michael Göring haben das Projekt gemeinsam mit Dr. Nikolas Hill und Dr. Henning Vöpel ins Leben gerufen. Beteiligt waren Expert:innen und Hamburger Bürger:innen und Liebhaber:innen der Stadt bei belebten Veranstaltungen, in zeitgeistigen Workshops, Diskussionen, Podcasts, Stadtspaziergängen und meinungsstarken Gastbeiträgen. Aus diesem Prozess haben die Verantwortlichen nun in drei Thesen abgeleitet, was Hamburg tun muss und ihre Empfehlungen in dieser Woche Carola Veit, Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, im Rathaus übergeben.

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Foto: Hamburgische Bürgerschaft/Susanne Ahrens

Das Kernziel des Konvents: Hamburgs Menschen. Sie sollen allem voran von Neuausrichtung in ihrer Stadt profitieren und ein gesundes, freies und unabhängiges Leben führen können - eines, das auch sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig ist. Noch fehle es dafür an einer Vision, wird Tulga Beyerle, Direktorin des Museums Kunst und Gewerbe, in den Empfehlungen des Konvents zitiert: „Eine Vision, die Raum zum Träumen bietet in dieser lebendigen, kontrastreichen Stadt des Nordens. Eine Vision, die mit Stolz diese Räume im öffentlichen Raum wie in Kulturinstitutionen fördert und entwickelt und mit der gesamten Welt teilt.“

Konstante Veränderung und klarer Zeitgeist sind dabei die Devisen für Hamburg, die sich als Stadt nicht auf romantisiertem Ruhm oder alten Illusionen ausruhen darf. Noch zu oft verlässt man sich auf den finanziellen Reichtum der Stadt, lautet ein Fazit des Konvents. Es braucht im Gegenzug klare Pläne, um Hamburger Geschäftsmodelle in ein neues Kapitel zu tragen und Arbeitsplätze zu sichern – zum Beispiel im Hamburger Hafen, sagt Architekt Volkwin Marg: „Der epochale Strukturwandel fordert politischen Mut zu Investitionen in die Zukunft. Der Hafenentwicklungsplan muss dafür einen Beitrag liefern, aber nicht im Interesse des Hafens allein, sondern für die Entwicklung der Stadt als Ganzes.“

Drei Thesen für Hamburg

Margs Worte passen zu den drei konkreten Vorschlägen, die die Verantwortlichen für eine Neuausrichtung der Stadt formulieren. Die erste nimmt sich die US-amerikanische Küstenmetropole Boston zum Vorbild, genauer ihre Förderung von Wissen und Bildung. Statt sich ausschließlich auf wirtschaftliche Orte zu verlassen, sollte die Stadt in ihre größte Ressource investieren – Menschen und ihre Ideen – und nicht nur zum Umschlagplatz des Handels werden, sondern auch des Wissens.

Im zweiten Handlungsschritt muss Hamburg ihre internationalen Bewohner:innen anerkennen, unterstützen und die Gemeinschaft neu denken. Es geht nicht nur darum, für junge Talente aus der gesamten Welt attraktiv zu werden und mit ihnen wirtschaftliches Wachstum zu fördern, sondern vielmehr das bestehende Miteinander verschiedener Kulturen und Lebensrealitäten empathisch zu gestalten. Mehr als die Hälfte der Hamburger Jugendlichen und Kinder haben eine Migrationsgeschichte, die sich in der DNA ihrer Stadt wiederfinden muss. Für Hamburgs interne wie internationale Beziehungen bietet das auch neue Chancen für eine solidarische Gemeinschaft aus komplexen Gemeinden, Milieus und Generationen, die zum Selbstverständnis der Stadt gehören müssen.

Dritter Vorschlag ist es, bürokratische Hürden zu überwinden und Verantwortung zu übernehmen – vor allem im Hinblick auf die Arbeitsproduktivität der Metropolregion Hamburg. Diese Anweisung macht klar, warum sie mit den beiden vorangehenden verbunden ist: Wissen und Bildung befähigen die vielfältigen Menschen, die in Hamburg leben – im letzten Schritt muss es also darum gehen, wie sie hier leben und arbeiten. Die Arbeitsproduktivität muss sich auch mit Blick auf Wohnen und Mobilität wandeln. Soziale Gerechtigkeit und Wohnungsbau in der „Flucht aufs Land“, Infrastruktur und Nahverkehr sind nur der Anfang, wenn es darum geht, die Zusammenarbeit von über 1.000 Orten, 17 Kreisen und drei kreisfreien Städten der Region neu zu strukturieren. Die ZEIT-Stiftung nimmt den Abschluss des Projekts und die motivierte Teilnahme der zahlreichen Mistreiter:innen anerkennend wahr. Die Zusammenfassung des Hamburg Konvent liegt nun auf dem Schreibtisch der Bürgerschaft im Hamburger Rathaus und kann hier online eingesehen werden. Darin steht auch eine vereinfachte Formulierung, die über allen Theorien und Gedanken, Ergebnissen und neuen Zielen steht. Sie lautet: „Packen wir es an“.