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© Foto: Archivo Fotográfico Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid
„Mythos Spanien“: Ausstellung zu Ignacio Zuloaga im Bucerius Kunst Forum eröffnet

Der spanische Maler Ignacio Zuloaga stellte zu seinen Lebzeiten Fragen zur Identität Spaniens und sah das „ursprüngliche“ Leben des Landes bedroht: kleine Dörfer, traditionelle Kleidung, Tanz, Stierkampf, jahrhundertealte Sitten, Bräuche und Legende, aber auch die Menschen, die diese Orte prägen. Sie alle hat der im Baskenland geborene Künstler (1870-1945) auf die Leinwand gebracht. In einer Zeit zahlreicher Debatten wurde Zuloaga mit seinem Ansatz vielfach kritisiert. Vom 17. Februar bis 26. Mai 2024 sind etwa 80 Werke des Malers nun im Bucerius Kunst Forum am Alten Wall 12 in Hamburg zu sehen.

„Bei Kunst geht es immer auch um das Entdecken, um Neugier auf Unbekanntes und um neue Perspektivenauch ganz persönlich im Betrachten und der Auseinandersetzung damit. Die Schau zu Ignacio Zuloaga reiht sich in die Wiederentdeckung von künstlerischen Positionen ein, die zu lange in Vergessenheit geraten sind“, sagte Kathrin Baumstark, Direktorin des Bucerius Kunst Forums, bei der Eröffnung der Ausstellung, die in Kooperation mit der Kunsthalle München konzipiert wurde und nach München in Hamburg ihre zweite Station antritt. Zuloaga, so schlussfolgert die Ausstellung, hat den „Mythos“ um Spanien im 20. Jahrhundert geprägt wie kein:e andere Maler:in seiner Zeit. Um den Umfang von Zuloagas Schaffen zu verdeutlichen, ist die Werkschau in verschiedene Kapitel unterteilt, die seinen (künstlerischen) Werdegang beschreiben – von den Anfängen in Paris über die Auseinandersetzung mit spanischen Meistern wie Velázquez, El Greco und Goya bis zu einem an Zuloagas Zeit in Sevilla geknüpftes Kapitel und Werke rund um Themen wie Stierkampf und den Flamencotanz. Ein besonderes Augenmerk liegt auf Zuloagas wichtigster Schaffensphase in Segovia zu Beginn des 19. Jahrhunderts, in der er karge, raue Landschaften sowie ihre „archetypischen“ Bewohner:innen abbildete. Zuloagas Fokus blieb aber immer die Darstellung von Menschen, Charakteren und den Geschichten, die er durch sie erzählt: So porträtiert der Maler Sexarbeiterinnen, Gitanos (spanische Roma), Protagonist:innen der Musik-, Tanz- und Theaterwelt ebenso wie Freund:innen und Kolleg:innen. „Es ging ihm um das Menschsein an sich – jenseits der äußeren Hülle. Zuloaga malte nicht die Realität, sondern die Wahrheit“, so Carlos Alonso Perez-Fajardo, Kurator der Ausstellung.

Tradition, Patriotismus oder Propaganda? Kritik an Zuloaga

Zuloagas Werke sind in großen Umbruchszeitaltern der spanischen Geschichte entstanden – und haben nicht nur deshalb für starke Debatten, Kritik und Kontroverse gesorgt. In späteren Lebensjahren fand Zuloaga beim spanischen Diktator Franco großen Anklang. Zuloaga sah das Überleben als Künstler bedroht, passte sich dem Regime an und zeichnete später den Diktator. Auch wenn Franco das Werk am Ende nicht wollte, zeigt es das kontroverse Verhältnis Zuloagas zum Faschismus: In seinen früheren Schaffensphasen wurden seine Werke von Spanier:innen als „unpatriotisch“ und „vom Ausland geprägt“ kritisiert – auch mit diesen Auseinandersetzungen beschäftigt sich die Ausstellung. In Deutschland hat Zuloaga Literatur- und Kunstschaffende wie Rainer Maria Rilke, August Macke, Paul Klee oder Paula Modersohn-Becker inspiriert.

Film und Literatur: Veranstaltungsprogramm zu „Mythos Spanien. Ignacio Zuloaga“

Filmscreenings, Lesungen und Talk-Formate – auch diese Ausstellung wird im Bucerius Kunst Forum begleitet von einem facettenreichen und interaktiven Eventprogramm. So schaut nicht nur die Ausstellung auf spanische Geschichte zurück: An einem literarischen Abend am 27. März nimmt Hanjo Kesting mit „Don Quijote“ eines der bekanntesten Literatur-Werke der spanischen und internationalen Literaturgeschichte in den Blick. Das weitere Ausstellungsprogramm geht auch über die Grenzen der Hamburger Innenstadt hinaus. Im Rahmen der Ausstellung zeigt das Abaton Kino im Grindelviertel in Kooperation mit dem Bucerius Kunst Forum drei Filme, die sich – ähnlich wie die Werke Zuloagas – vermeintlich „typischer“ Motive Spaniens bedienen: Flamencotänzerinnen, Toreros und Toreras, sowie der spanischen Landbevölkerung. Zu sehen sind „Sprich mit ihr“ von Regisseur Pedro Almodóvar, der Dokumentarfilm „La Singla“ und der mit Musik unterlegte Stummfilm „Blancanieves“ (Schneewittchen). Mehr Informationen dazu finden Sie hier.

Klischees um Identität, Nationalität und echte Worte: Tandemführung und Sprachkurs

Kann ein Land, das von unterschiedlichen Separatistenbewegungen und Abspaltungstendenzen geprägt ist, eine einheitliche Definition der „spanischen Seele“ entwickeln? Wann wird das Sehnsuchtsland zum Klischee? Diesen Fragen, aber auch jenen, wie das Bewahren der spanischen Identität Zuloagas durch Diktator Franco instrumentalisiert wurde, geht der Rundgang „Kunst im Kontext: Identität, Nationalität, Klischee“ am 7. Mai nach und greift die Frage nach kultureller Identität auch im Gegenwarts-Kontext auf. Noch greifbarer wird es in der gesprochenen Praxis: Auch diese Ausstellung wird von einem Sprachkurs begleitet. Mit spielerischen Sprachlektionen bietet das Bucerius Kunst forum an fünf aufeinanderfolgenden Donnerstagabenden (4. April bis 2. Mai) einen abendlichen Spanischkurs in der Ausstellung an. Um daran teilzunehmen, reichen Grundkenntnisse (A2) aus.

Mehr zu weiteren Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung finden Sie hier.

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