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@ ZEIT STIFTUNG BUCERIUS / Axel Martens
Kitas und Schulen gehören zusammen!

Jedes dritte Kitakind hierzulande spricht zu Hause eine andere Sprache als Deutsch. Dabei ist Deutsch die Basis für so vieles in der Schule: Texte zu verstehen, Matheaufgaben zu lösen, dem Unterricht zu folgen – ohne Deutsch gibt es keinen Bildungserfolg und keine Teilhabe an der Gesellschaft. Bildungsungerechtigkeit, das zeigen wissenschaftliche Studien durchgängig, zementiert sich weit vor dem Schulstart. Wer früh Rückstände hat, holt diese nur schwer wieder auf.

Umgekehrt gilt: Je früher Kinder in einem Umfeld aufwachsen, das ihnen Anreize zum Lernen gibt und Sprachbildung ermöglicht, desto besser sind ihre Chancen im Leben. Doch Kitas und Grundschulen sind immer noch getrennte Welten, räumlich wie inhaltlich. Zwar sind die beiden Institutionen in einer Reihe von Bundesländern in einem Ressort, meist dem Bildungsministerium, vereint. Das hat aber noch nicht dazu geführt, dass beide Bildungsorte sehr viel mehr zusammengerückt sind. Dabei kommt es auf das Zusammenspiel an, das gemeinsame Bildungsverständnis, denn gerade im Übergang werden wichtige Weichen für das Leben gestellt. Die Forderung lautet also: Die beiden Systeme sollten enger miteinander verzahnt werden. Doch wie kann das gelingen?

Erstens durch politischen Willen: Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig sagte in einem Interview im letzten Jahr: „Kita ist keine Schule, und Schule ist keine Kita. Aber die Systeme müssen sich annähern und dabei ihre Fachlichkeit behalten. Das gelingt einfacher, wenn beide Systeme in einem Ministerium unter einem Dach sind und nicht in zwei getrennten Ministerien.“ Eine richtige Idee, die in elf Bundesländern umgesetzt ist, fünf fehlen noch – und auch im Bund ist die schulische Bildung in dem einen und die frühkindliche Bildung im anderen Ressort verankert.

Zweitens durch räumliche Nähe: Je näher Kitas und Schulen beieinanderliegen, desto fließender geht der Übergang. In Hamburg und anderen Bundesländern werden neue Kitas und Schulen auf einem Gelände gebaut. Das ermöglicht Erzieher:innen und Grundschullehrkräften, sich unkompliziert zu treffen, Workshops zu organisieren, Übergänge zu gestalten und die Kinder individuell zu fördern.

Drittens durch Wissen: Der Bildungsforscher Kai Maaz spricht sich für eine verpflichtende Sprachstandserhebung in Deutschland aus. Für jedes Kind soll spätestens im Alter von viereinhalb Jahren ermittelt werden, wie gut es Deutsch spricht. Wer zu geringe Deutschkenntnisse hat, erhält eine verpflichtende Sprachförderung in der Kita, woran die Schule dann anschließen kann.

Viertens durch Programme: Die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS hat in Hamburg zusammen mit anderen Stiftungen und dem Senat nach einer Pilotphase in diesem Schuljahr das Programm „WEICHENSTELLUNG für den Schulstart“ initiiert. Dabei geht es darum, dass Lehramtsstudierende und Erzieher:innen Kitakinder mit einem attestierten Sprachförderbedarf ab dem Alter von vier Jahren begleiten. Die besondere Förderung geht über drei Jahre und hat einen mehrfachen Effekt. Die Kinder lernen im Übergang von der Kita in die Grundschule in Kleingruppen Deutsch – und die Lehramtsstudierenden und Erzieher.innen erhalten schon während ihrer Ausbildung wichtige praktische Erfahrungen. Außerdem arbeiten Kitas und Grundschulen aufgrund der räumlichen Nähe eng zusammen.

Und fünftens durch Vielfalt: Wir leben in einer bunten, diversen Gesellschaft, aber in den Kitas und Schulen fehlen häufig Männer und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte als Pädagog:innen und Erzieher:innen. Je mehr die Berufe in Kita und Schule als sinnstiftend und attraktiv wahrgenommen werden, desto wirksamer kann Kindern geholfen werden – für bessere Bildungschancen und gegen frühe Ungerechtigkeit.

 

Die Position ist von Tatiana Matthiesen. Sie ist Bereichsleiterin Bildung und Erziehung bei uns in der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS. Ihr Beitrag ist auch in DIE ZEIT am 10. April 2025 erschienen.

 

 

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