Der Start des gemeinsamen Lebens des Ehepaars Bucerius verlief alles andere als reibungslos: Als sie sich 1944 im von Deutschland besetzten Frankreich trafen, waren beide noch in erster Ehe verheiratet. Ebelin hieß damals Anna Gertrud Ebel, geborene Müller. Aus Ebel, dem Nachnamen ihres ersten Mannes, wurde später ihr Spitzname „Ebelin“, unter dem sie allgemein bekannt war und mit dem sie zeitlebens ihre Briefe unterschrieb. Gerd Bucerius‘ damalige Frau Detta Goldschmidt war Jüdin und lebte seit 1938 im englischen Exil.
Gerd Bucerius und Gertrud Ebel zogen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nach Hamburg und heirateten 1947, nachdem beide geschieden waren. In der frisch gegründeten Bundesrepublik stieg Ebelin Bucerius beruflich schnell auf. Als Geschäftsfrau engagiert sie sich im Hamburger Verlagswesen: In den 1950er-Jahren war sie Geschäftsführerin des Zeitverlags, den ihr Mann gegründet hatte, später wurde sie Anzeigenchefin der ZEIT und leitete dort auch die Personalabteilung.
Die gelernte Kontoristin hatte aber auch außerhalb des Mediengeschäfts Erfolg. Während ihr Mann als Abgeordneter für die CDU im Bundestag saß, war ihr Wohnsitz in Bonn ein beliebter Treffpunkt – für prominente Gäste aus Politik, Wirtschaft und Journalismus. Hier konnte sie ihre Stärken als Gastgeberin und Netzwerkerin ausspielen. Marion Gräfin Dönhoff beschrieb ihre Art rückblickend als von entwaffnender Direktheit, einer gewissen Naivität und von einem Sinn für Witz und Humor geprägt.
Sie sei eine „couragierte, gescheite, amüsante junge Frau“ gewesen, so Marion Gräfin Dönhoff. Nachdem Gerd Bucerius 1962 aufgrund eines Streits mit seiner Partei seine politische Karriere beendete, fokussierte sich das Ehepaar ausschließlich auf das Hamburger Verlagsgeschäft, das stetig wuchs. Ihr nächstes Ziel: eine „deutsche Annabelle“ herausbringen. Die Schweizer Ausgabe der Frauenzeitschrift hatte damals den Höhepunkt ihrer Verkaufszahlen erreicht, eine Adaption für die Bundesrepublik erschien den Bucerius‘ deshalb chancenreich.
Gerd und Ebelin Bucerius gemeinsam im Urlaub, Paestum 1973
Die neue Frauenzeitschrift sollte das Programm neben der Wochenzeitung DIE ZEIT und dem Magazin Stern komplettieren. Deshalb erwarb Gerd Bucerius ab 1964 sukzessive und sehr diskret die Anteilsmehrheit an der Schweizer Wochenzeitung Die Weltwoche und gleichzeitig an der Frauenzeitschrift Annabelle. Der Aufbau einer deutschen Redaktion in München wurde von seiner Frau betreut, daran arbeitete Ebelin Bucerius zwei Jahre lang von Zürich aus. Doch der Plan, eine eigene Frauenzeitschrift in Deutschland umzusetzen, platzte.
Der Grund dafür war die Fusion zum Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr unter Einschluss von ZEIT und Stern. Die Verhandlungen über diesen Zusammenschluss organisierte Ebelin Bucerius ab 1964 gemeinsam mit dem Anwalt Johannes Scheer – er glückte. Ihr Erfolg hatte einen Haken: Das neue Verlagshaus gab bereits drei Frauenzeitschriften heraus und wollte weitere Konkurrenz vermeiden. Deswegen zog sich Gerd Bucerius von der Weltwoche und Annabelle zurück und verkaufte die Blätter. Für Ebelin Bucerius endete damit ihre ambitionierte Arbeit an einer „deutschen Annabelle“.
Architektonisch war die Zeit von einem Neuanfang geprägt: In der Schweizer Gemeinde Brione sopra Minusio wurde 1966 die „Casa Ebelin“ fertiggestellt. Die Villa, die der Architekt Richard Neutra entworfen hatte, ist am Hang gelegen und bot dem Verlegerehepaar einen beeindruckenden Blick über das Tal und den Lago Maggiore. Als es Ebelin Bucerius ab Mitte der 70er-Jahre gesundheitlich immer schlechter ging, zog sie aufgrund des besseren Klimas dauerhaft dorthin.
Ebelin Bucerius auf der Terrasse im Tessin
Das Haus diente ihr fast 30 Jahre als Alterswohnsitz, aber sie litt unter der Einsamkeit an dem abgelegenen Ort. Das kinderlose Paar Bucerius lebte nun zwar getrennt, war jedoch nicht geschieden. Ebelin und Gerd Bucerius blieben bis zum Lebensende in einem lebhaften telefonischen und brieflichen Kontakt, besuchten sich regelmäßig. Ebelin Bucerius nahm regelmäßig an den Kuratoriumssitzungen der ZEIT-Stiftung in Hamburg teil und behielt ihr Büro im Verlagsgebäude am Speersort.
Um der Tessiner Einsamkeit zu entfliehen, bezog sie auch einen Wohnsitz auf der Insel Ischia, auf der Freund:innen von ihr lebten. 1986 begegnete sie das erste Mal persönlich dem Designer Uli Richter, dessen berühmte Entwürfe schon jahrzehntelang ihr Auftreten geprägt hatten. Viele der zahlreichen maßgeschneiderten Kleider und Kostüme in Ebelin Bucerius‘ Kleiderschrank waren von ihm entworfen worden; andere stammten aus dem Hause Coco Chanel. Ihre Art sich zu kleiden, füllte Jahre später Bildbände. Heute wird ihre Garderobe im Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen Berlin verwahrt.
Kleider von Ebelin Bucerius und Flora Grunder in: Uli Richter: Eine Berliner Modegeschichte
Als Ebelin Bucerius 1997 im Alter von 85 Jahren starb, vermachte auch sie – wie schon ihr Mann – ihr Vermögen der ZEIT-Stiftung. Obwohl sie die letzten Jahre ihres Lebens weitgehend getrennt verbrachten, blieb Ebelin Bucerius als Ratgeberin, Unterstützerin und Mitstreiterin in schwierigsten Zeiten die wichtigste Frau im Leben von Gerd Bucerius. Beide fanden ihre letzte Ruhe im gemeinsamen Familiengrab Bucerius in Reinbek bei Hamburg.
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