Das Hamburger Kontorhaus. Architektur. Geschichte. Denkmal
Das Hamburger Kontorhaus. Architektur. Geschichte. Denkmal
Insgesamt 243 erhaltene Kontorhäuser, von mindestens 108 Architekturbüros, prägen Hamburgs Stadtbild - darunter das Chilehaus (1922-1924) von Fritz Höger, erbaut nach den Erschütterungen des Ersten Weltkriegs als Symbol für einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Neubeginn
Der Architekturhistoriker Ralf Lange zeigt in dem bilderreichen Band „Das Hamburger Kontorhaus. Architektur. Geschichte. Denkmal“ die Entwicklung der Kontorhäuser anhand von rund 100 Beispielen auf. Er verzeichnet alle in Hamburg erhaltenen Kontorhäuser und stellt die Biografien ihrer Architekten zusammen. Er dokumentiert auf eindrucksvolle Weise diesen für die Hansestadt spezifischen Bautypus.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts avancierte Hamburg nach London und New York zum Welthafen. Handel und Schifffahrt florierten. Das Kontorhaus als Mietbürohaus schuf Gewerbeflächen für Kaufleute, Reeder, Agenten, Makler, Spediteure und Versicherungsgesellschaften. Mit seinen flexiblen Grundrissen ermöglichte es beliebige Raumgrößen. Hinzu kam eine moderne Ausstattung mit Zentralheizung, elektrischer Beleuchtung, Paternoster und Warenaufzügen. Weit vor anderen europäischen Hafenstädten und vor New York fand die Hansestadt somit beispielhaft eine architektonische Lösung für den wachsenden Bedarf an Arbeitsraum in Hafennähe.
Mit dem „Dovenhof“(1885/1886) von Martin Haller entstand das erste „reine“ Kontorhaus, es bestand allein aus Gewerbeflächen. Es folgte ein regelrechter Boom dieser Gebäudetypen, die noch bis weit in die 1920er Jahre hinein in Stahl- oder Stahlbetonskelettbauweise errichtet wurden. Viele Kontorhäuser befanden sich im jüdischen Besitz und mussten Ende der 1930er Jahre zwangsweise unter Wert veräußert werden. Als 1943 der letzte Bauabschnitt des Sprinkenhofs von Fritz Höger fertiggestellt wurde, ist die Zeit der Kontorhäuser bereits vorüber. Der „Dovenhof“ wurde 1967 abgerissen, um dem Bau des Spiegel-Hochhauses von Kallmorgen & Partner Platz zu schaffen. Obwohl es sich in gutem Zustand befand, fiel es dem neuen Trend der Hochhausbebauung zum Opfer.
Erst in den 1970er Jahren rücken die Kontorhäuser in die städtische Aufmerksamkeit. Aktuell steht das Kontorhausviertel vor einer möglichen internationalen Aufwertung: Das an einen Schiffsbug erinnernde Chilehaus ist mit seinen Nachbargebäuden, dem Meßberghof, dem Sprinkenhof und dem Mohlenhof, zusammen mit der Speicherstadt, zum UNESCO-Welterbe erklärt.
Ralf Lange, „Das Hamburger Kontorhaus. Architektur. Geschichte. Denkmal“, Dölling und Galitz Verlag GmbH München, 2015, ISBN 978-3-86218-067-7, € 39,90, 288 Seiten, 520 historische und Farbabbildungen