Seit fast 6 Jahren nun gerne in Österreich lebend und seit einem Monat im Hochrisikogebiet Tirol das Social Distancing erlebend (sozusagen aus dem Epizentrum des europäischen Virus-Spreadings), gebe ich gerne einen kleinen und längst nicht umfassenden Einblick in die Welt während Corona.
Grundsätzlich: Hier im ländlichen Österreich läuft alles so diszipliniert und ohne Murren und in ganz Österreich ohne große Koordinationsschwierigkeiten - da staunt man, wenn man die Berichterstattung aus Deutschland dagegen hält, schon. Regierung und Bevölkerung machen hier einen wirklich guten Job.
Da ich aufgrund der Familie (4 Kinder zwischen 5 und 12) meine beruflichen Projekte bereits 2019 sehr reduziert habe, hat sich für mich zwar ein neuer Alltag ergeben, allerdings weniger im Rahmen der Arbeit. Home-Office waren bei meinen letzten Aktivitäten und sind beim Job meiner Frau seit Jahren Normalität. Was ist dann anders? Da unsere Ferienwohnungen leer bleiben müssen und weder die Wohnungen noch Gäste umhegt werden müssen, lauten meine neuen Qualifikationen (nicht abschließend): Volksschullehrer (alle Fächer), Hilfslehrer gymnasiale Unterstufe, Kindergartenfachkraft, IT-Administrator (insb. für Lernplattformen, Videoconferencing, Scanner/Drucker), Kantinenchef, Fußballtrainer, Hausmeister.
Die Erkenntnisse aus bislang 3 Wochen Homeschooling: Respekt vor VolksschullehrerInnen (Wisst ihr noch, wie wir das Rechnen über die 10 hinaus gelernt haben? Und wenn ja, könntet ihr es als erprobte Führungskraft einem 7-jährigen beibringen?); weniger Respekt vor GymnasiallehrerInnen (insbesondere jenen, die vor 4 Wochen zwangsweise eine Mailadresse bekommen haben und nun Digitalisierung versuchen); die klare Vorstellung, wie Ungleichheit durch ungleiche Bildungschancen in der elterlichen Umgebung "vorbereitet" wird (wobei wir und unsere Kids mit genügend Computern, Scannern und Druckern und dem Wissen um deren Bedienung - unabhängig von vielleicht vorhandenem sonstigen Wissen - auf der Sonnenseite sind); riesengroßen Respekt vor der Schule als Stätte der sozialen Kontakte und Bindungen (am meisten leiden unsere großen Kids unter der Isolation von den Freunden - trotz täglichem Online-Gaming und Handy).
Noch viel mehr gibt es zu Erzählen, viele Tipps für Eltern und NeulehrerInnen hätte ich auch. Lassen wir es dabei bewenden, nicht jeden muss das Thema "Herausforderungen für Familien in Zeiten von Corona" interessieren. Da die oben geschilderten Abläufe sicher noch 4 Wochen und länger weitergehen, schließe ich als Fazit mit einem Buchtitel von Jennifer Senior: "All Joy and No Fun: The Paradox of Modern Parenthood" - weit vor Corona geschrieben und durch Corona in seinen Thesen verstärkt.