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© ZEIT STIFTUNG BUCERIUS / David Ausserhofer
„Jetzt kommt es auf die Umsetzung an“: Initiative für einen handlungsfähigen Staat legt Abschlussbericht vor

Es endet mit einem Appell. Entschlossenes Handeln ist von der Regierungskoalition und den Ländern gefragt – mit dieser Aufforderung endet die Arbeit der Ende 2024 gestarteten „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“. Der „Wille, dieses Land zu verändern und eine Staatsreform anzugehen, durchzieht den Koalitionsvertrag“, heißt es im HIER digital verfügbaren Abschlussbericht, der am 14. Juli 2025 im Schloss Bellevue und bei einer anschließenden Pressekonferenz vorgestellt wurde. Man lege mit dem Abschlussbericht einen „Instrumentenkasten“ vor, „für den Maschinenraum des Staates“, sagte eine der Initiator:innen, die Medienmanagerin und ehemalige Aufsichtsrätin Julia Jäkel, bei der Vorstellung des Berichts in Berlin. Nun sei es an Politik, Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam die Dinge anzugehen und umzusetzen.

Finanziert und organisatorisch unterstützt wurde die Initiative von uns als ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, der Fritz Thyssen Stiftung und der Stiftung Mercator. Im Schloss Bellevue haben die vier Initiator:innen Julia Jäkel, Thomas de Maizière, Peer Steinbrück und Andreas Voßkuhle den Abschlussbericht an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übergeben, den Schirmherrn der Initiative. Vor Ort dankte der Bundespräsident den Initiator:innen und Expert:innen für ihre herausragende Arbeit sowie den Stiftungen für ihre Unterstützung, ohne die das Projekt nicht möglich gewesen wäre.

Abschlussbericht enthält 35 Empfehlungen für einen funktionierenden Staat

Im Abschlussbericht greifen die Initiator:innen die Diskussion um ihre Empfehlungen seit der Vorlage des Zwischenberichts im März auf und bewerten den Koalitionsvertrag im Lichte dieser Vorschläge. Zudem erweitern sie den Bericht um fünf auf nun insgesamt 35 Empfehlungen, den Gelingensbedingungen für einen funktionierenden Staat.

Um die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag in die Tat umzusetzen, müsse die „Staatsreform als eine Gemeinschaftsaufgabe“ verstanden werden, so die Initiator:innen. Darüber diskutierten im Anschluss an die Übergabe im Schloss Bellevue auch der für Staatsmodernisierung und Digitalisierung zuständige Bundesminister Karsten Wildberger, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und die Oberbürgermeisterin von Zwickau, Constance Arndt, moderiert von Pinar Atalay. „Sie benennen die Schmerzpunkte“, sagte Minister Wildberger über das am 12. Juli in Print erscheinende Berichtsbuch.  „Der Abschlussbericht nimmt uns in die Pflicht“. Er versprach auch: „Wir machen!“, denn ein handlungsfähiger Staat sei Voraussetzung für das Gelingen von Demokratie. Auf die Frage, wie sie die Umsetzung für Städte und Gemeinden einschätze, antwortete Oberbürgermeisterin Arndt: „Das sind viele dicke Bretter!“ Für deren Realisation müssten alle ihren Beitrag leisten.

Ein Minister für Digitales und Staatsmodernisierung allein reiche nicht, das formuliert auch der Abschlussbericht: „Ressortdenken muss jetzt nach hinten rücken.“ Bundeskanzler und Vizekanzler müssten die Reformen energisch vorantreiben, Bund und Länder an einem Strang ziehen. Auch aus dem Publikum kamen im Schloss Bellevue Fragen zur Praxistauglichkeit von Gesetzen, Risikofreudigkeit, der Gewinnung von bestem Personal und auch den Umgang mit künstlicher Intelligenz.

Als Grundlage für die Umsetzung von Staatsreformen heben die Initiator:innen die gemeinsame Modernisierungsagenda hervor, die Bundeskanzler Friedrich Merz und die Regierungschefinnen und -chefs der Länder im Juni 2025 beschlossen haben. Überall, in der Politik wie der Verwaltung, brauche es für Reformen eine „kritische Masse“, heißt es im Abschlussbericht. Auch die Parteien sieht die Initiative in der Pflicht, sich zu erneuern. Das Gelingen einer Staatsreform hänge „zentral von der inneren Reformfähigkeit der Parteien“ ab.

Modellregionen in Köln oder Stralsund können konkrete Vorschläge umsetzen

Um Reformen noch schneller in die Praxis der Verwaltung zu bringen, empfehlen die Initiator:innen die Einrichtung von Modellkommunen und Modellregionen, in denen Vorschläge für die Modernisierung als Ganzes erprobt werden sollen. Dort könnten etwa Antrags- und Genehmigungsverfahren vereinfacht, der Bürgerservice beschleunigt und eine neue Personal-, Fehler- und Führungskultur erprobt werden. Dafür bieten sich aktiv unter anderem die Kreisstadt Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern und der Regierungsbezirk Köln an.

Handlungsfähig bleiben – in Einwanderung und Integration und gegen die politische Einflussnahme von sozialen Medien

Zentral für die Handlungsfähigkeit des Staates sei laut Bericht außerdem, „dem demokratiegefährdenden Einfluss sozialer Medien entgegenzuwirken“. Konkret sei etwa zu denken an die Beseitigung der Haftungsfreistellung der sozialen Medien für die von ihnen transportierten Inhalte und eine konsequentere Anwendung der Jugendschutzbestimmungen. „Dieses Thema“, so die Initiator:innen, „gehört an die Spitze der politischen Agenda!“

Der Abschlussbericht macht darüber hinaus neue Empfehlungen zur Arbeit der Nachrichtendienste. Diese seien „zu abhängig von Aufklärungsergebnissen befreundeter Dienste“, sie müssten für die Auslandsaufklärung „vergleichbare Befugnisse wie andere Dienste“ erhalten. Ebenso machen die Initiator:innen Vorschläge zur Einwanderung von Fachkräften. Der Zugang zum Arbeitsmarkt müsse beschleunigt und die Integration erleichtert werden. Dazu sollen die verschiedenen Behörden mit einem „One Shop“-Verfahren zusammenarbeiten.

Mit der Vorlage des Abschlussberichts beendet die Initiative für einen handlungsfähigen Staat ihre Arbeit. „Weder können noch wollen wir ein ständiges Kontroll- und Beratungsgremium sein“, heißt es von den Initiator:innen. „Wir wollten Impulse setzen. Das ist uns gelungen“, sagte auch Andreas Voßkuhle in Berlin. Die Umsetzung liegt demnach nun bei den politisch ausführenden Kräften.

Der Abschlussbericht wird am 12. August als Buch im Verlag HERDER erscheinen. Den Abschlussbericht digital finden Sie HIER.

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